15.01.2016 (Köln) – Veröffentlichung von RA Jens Nebel und Dr. Oliver Stiemerling: „Aktuelle Programmiertechniken und ihr Schutz durch § 69a UrhG“, CR 2016, 61-69

Abstrakt:

Im Zuge des Reifeprozesses der Informatikindustrie ist Softwareentwicklung deutlich effizienter und Software selbst flexibler geworden. Wo früher hunderte von Entwicklern Zeile um Zeile Code erzeugten, erschaffen heute kleine Teams mit optimierten Entwicklungswerkzeugen und spezialisierten Sprachen anpassbare Standardsysteme, die bei Bedarf von Dienstleistern oder auch den Kunden selbst weitreichend verändert oder erweitert werden können.

Die gesteigerte Effizienz wurde primär durch die Spezialisierung und starke Automatisierung von Entwicklungsaufgaben und einen reichen Fundus an freien Drittkomponenten und kommerzieller Standardsoftware erzielt. Die Flexibilität der Software ist insbesondere dadurch gesteigert worden, dass viele Aspekte eines Computerprogramms, die anfangs direkt in einer einzigen Programmiersprache codiert wurden, heute in spezialisierten Sprachen außerhalb des übersetzten Binärcodes ausgedrückt werden. So können diese Aspekte auch noch nach der Entwicklungsphase des eigentlichen Kernprodukts verändert werden. Dazu zählen beispielsweise Datentypen in Strukturbeschreibungssprachen, Steuerungsparameter in Konfigurationsdateien, Workflow-Definitionen oder auch domänenspezifische Hochsprachen wie ABAP (die betriebswirtschaftliche Programmiersprache von SAP).

Diese Programmiertechniken legen den Finger in eine urheberrechtliche Wunde, da die zur Flexibilisierung oder Effizienzsteigerung ausgelagerten Programmteile von ihrer syntaktischen Form her häufig wie Fachdaten ausgedrückt und wie diese in Datenbanken und Dateien gespeichert werden. Von ihrer technischen Bedeutung her sind sie jedoch den klassischen Elementen eines Computerprogramms zuzuordnen, d.h. sie definieren das Verhalten des Computers während der Nutzung und Verarbeitung der eigentlichen Fachdaten.Bei urheberrechtlichen Streitfällen geht es in der gerichtlichen und gutachterlichen Praxis der Autoren heute zunehmend um die aus genau diesem Dilemma resultierende Abgrenzungsfrage: Was genau sind die das Programm bildenden Steuerbefehle, und in welchem Verhältnis stehen diese zu den mittels des Programms verarbeiteten Daten? Dieser Beitrag stellt zunächst die Elemente von Computerprogrammen in klassischen Programmiersprachen vor und diskutiert ihre Schutzfähigkeit im Hinblick auf § 69a UrhG. Dann werden fünf in der Praxis häufig vorkommende Fallgruppen von Programmiertechniken und die aus ihrer Anwendung resultierenden technischen Artefakte vorgestellt, denen heute zu Unrecht teils die Schutzfähigkeit gem. § 69a UrhG abgesprochen wird.

Der vollständige Beitrag ist beim Otto-Schmidt Verlag in Köln erhältlich.